09.06. Stuttgart - Musiccafe Heaven
An jenem Freitag startete die Tour bei Affenhitze im geliehenen Campingbus mit dem
fünfköpfigen Stammpersonal der kommenden Exkursion: die Reekys Chris (Drums), Henning
(Gitarre) und Ruben (Bass&Gesang) sowie vom Swindlebra-Konzern Tourmanager Uwe und meine
Wenigkeit als Merchandise- und Getränkecateringexperte.
Vor dem Musiccafe trafen wir auf die Labelkollegen Cave 4, die für die nachsten drei
Tage die Aufgabe hatten den Spaßfaktor zu erhöhen.
Das Heaven - nur Ausweichschauplatz für den doppelt gebuchten ursprünglichen
Auftrittsort - entpuppte sich als ziemlich neuer, pseudo-edel aufgemachter
Prollpopperschuppen mit garantierter Punkrockinkompatibilität. So verirrten sich auch
relativ wenige Leute in das Etablissement, die aber dennoch sehr soliden Auftritten beider
Bands beiwohnen durften. Biertechnisch war aber alles im Lot.
Die Karawane zog anschließend noch ins Cafe Weiß (oder so ähnlich), um dann im Oblomov
endgültig abzustürzen, wo wir dann bereits bei Tageslicht raustaumelten, um den netten
Abend bis 8 Uhr auf Veranstalter Michas Balkon geräuschintensiv ausklingen zu lassen.
10.06. Burglengenfeld - Jugendzentrum
Gestärkt durch beachtliche 3 Stunden Schlaf und einen chinesischen Imbiß brachen wir gegen
Mittag auf und schon beim Tanken in Stuttgart stand das erste Tageshighlight an: die
Formel-1-Experten Uwe und Henning betankten die erstbeste Öffnung am Bus, so daß der
Trinkwasservorrat mit ordentlich Diesel (ca. 15 Liter) aufgepeppt wurde, was angesichts der
vorherrschenden Temperaturen ein über allem schwebendes Aroma sowie nach der Tour reichlich
Entsorgungsprobleme nach sich zog.
Kurz hinter Stuttgart riß dann noch der Keilriemen, was einen ADAC-Einsatz nötig machte
(Uwe hatte extra zur Tour einen Schutzbrief gelöst, Bingo !). Der vom Pfingststreß und der
Hitze etwas angesäuerte Mechaniker ließ sich glücklicherweise von der gelösten Stimmung der
Reisegruppe anstecken und brachte unsere Mühle mit großer Sorgfalt wieder auf Vordermann.
An einen pünktlichen Konzertbeginn war jetzt natürlich nicht mehr zu denken, so daß wir mit
Vorankündigung erst gegen 22.30 Uhr eintrafen und die Bands nach Blitzaufbau sofort
loslegten. Auch wenn wohl schon einige Leute gegangen waren, fanden sich doch noch etliche
Musikliebhaber ein, die für einen angenehmen Auftritt sorgten.
Den Abend fröhlich ausklingen lassen und pennen konnten wir bei einem höchstsympathischen
Pärchen (an deren Namen ich mich peinlicherweise nicht mehr entsinne, das Alter!), das uns
in seine (Übers Wochenende glücklicherweise halbverwaiste) WG nach Regensburg einlud.
Vielen Dank auf jeden Fall und auch Grüße an Claus Kick.
11.06. Augsburg - Blauer Salon
Marc und ich, die alten Hasen, nächtigten gleich angezogen im Sitzen auf der Couch, so daß
wir ohne jeglichen Aufwand vormittags gleich zum Frühschoppen übergehen konnten - das nenne
ich professionell !
Zum EM-Spiel Italien-Türkei erfolgte ein leckerer und preisgünstiger Imbiß in einer
sympathischen Kneipe an der Donau.
Augsburg glänzte mit den miserabelsten Spaghetti al Pesto unseres Lebens, was durch
reichlich Bierversorgung allerdings wieder wettgemacht werden konnte. Der Laden war
gutgefüllt, die Bands in Hochform, die Stimmung brilliant, nur die Reekys moserten auf der
Bühne von Swindlebra Records angeblich zum Frühstücksbierkonsum gezwungen zu werden (völlig
haltlos übrigens !). Auch der Verkauf lief erfreulich bis auf die Tatsache, daß mal wieder
traditioneller "Wo-ist-der-Geldbeutel ???"-
Alarm zu vermelden war - wie immer mit Happy-End !
Die Partyelite (Andi, Öli, Marc und ich, logo) feierte anschließend in Andis Wohnung
weiter, wo wir in unserer Debilität bei Tagesanbruch noch zum Flaschendrehen übergingen,
das dann allerdings abrupt abgebrochen werden mußte, als sich Öli und Andi auf Wunsch von
Marc ("Wahrheit oder Pflicht!") einen innigen Zungenkuß verabreichten - wo hätte das sonst
hingeführt ?
12.06. Day-off
Nach kurzer Bewußtlosigkeit auf Andis Küchenbank und der Verabschiedung von Cave 4 stand
"Frühstück" im Biergarten an, was vor allem Andi nicht so gut bekam, suchte er doch 2x im
Laufschritt die Örtlichkeiten heim und auch nach der Rückfahrt ins Swindlebra-Headquarter
nach Günzburg konnte er eine Tüte Selbstgekotztes aus dem Bus tragen.
So pflegten wir an diesem Tag unsere Wunden, versuchten uns mal wieder ordentlich zu
ernähren und ärgerten uns über das EM-Gestümpere Deutschland-Rumänien.
13.06. Wangen - Tonne
Auf dem 2.Teil der musikalischen Exkursion mußten wir aufgrund des drohenden Zusammenbruchs
des Busses zur Entlastung ein Reekys-Auto hinzuziehen, so daß die heutige Vereinigung der
Swindlebra-Management-Spitzenebene mit den Reekys direkt in Wangen vereinbart war.
Uwe und ich fuhren bereits dermaßen zeitig los, daß wir pünktlich nach Ausladen der Anlage
zum Anpfiff des 18-Uhr-EM-Spiels im Irish Pub saßen, wo auch noch die rührige
Wangen-Aktivistin Christl zu uns stieß.
Wangen kann getrost als Flop der Tour bezeichnet werden - 3 zahlende Besucher !!! Mit
Bandanhang, Tonne-Personal und aufgrund der Tatsache, daß der Gig im kleinen Kellerraum
stattfand, war's dann nicht ganz so trostlos und die Reekys gaben wie immer ihr Bestes.
Unglaublich wie die sich in den vergangenen 2 Jahren entwickelt haben - die stellen
mittlerweile ein schwer überbietbares Kick-Ass-
Ramones-Rock'n'Roll-Brett auf die Bühne, das sich gewaschen hat !
Besonders peinlich waren das Dutzend Teenie-"Punks", die es wohl wegen Abwesenheit einer
angesagten US-Kommerz-Milchtütenkombo verschmähten die paar Mark Eintritt zu zahlen. Geht
kacken - aber was soll's: nächstes Jahr seid ihr ohnehin schon Vergangenheit und Ärgernis
einer hipperen Szene.
Aufgrund der tags darauf anstehenden langen Fahrt kehrten wir noch nächtens ins
Hauptquartier nach Günzburg zurück.
14.06. Berlin - Wild at Heart
Die Ochsentour nach Berlin verlief erstaunlich unanstrengend und dank einer detaillierten
Wegbeschreibung fanden wir auch schnell ins Wild at Heart, offensichtlich allerdings nicht
schnell genug um noch in den Genuß eines Essens zu kommen - war da überhaupt schon mal eine
Band "rechtzeitig" da ?
Für Berliner Verhältnisse reichlich früh - umm 22.45 Uhr - mußten die Reekys, heute als
Vorband gebucht, bereits die Bühne entern, um dann erstmal vor ca. 20 Personen ihr Können
zu präsentieren. Im Laufe des Sets füllte sich der Laden zusehends, vielleicht hätte man
mit dem Beginn einfach ein bißchen warten können. Letztlich aber egal, da wegen den Reekys
eh kaum jemand da war: Hauptact waren nämlich die Flaming Stars, genamedropped als
Ex-Milkshakes, die mich mit grausligstem Jazzy-Bar-Lounge-Folk-Pop nach 2 Songs auf die
einladenden Bierbänke vorm Laden trieben. Wer stellt solche Konzertabende zusammen ?
Wir konzentrierten uns jedenfalls auf die Entsorgung des Backstagebierkontingents und
teilten uns dann schlafplatzmäßig auf zwei Günzburg-Exilanten auf, wobeo die Wahl von
Chris, Henning und mir auf meinen geschätzten Punkrockveteranenkollegen Flieger fiel, der
sich unbestritten den Titel "Tourpennplatz 2000" sicherte: astreine Matratzen mit
Bettwasche, Schlummertrunk und großartige Körperpflegemöglichkeiten - vielen Dank nochmal !
15.06. Solingen - Em Kotten
Durch ein Mißverständnis bei der Wahl des Frühstücksetablissements ("Wie beim letzten Mal!"
- da ging das Erinnerungsvermögen doch auseinander) verzögerte sich die Abfahrt in
unverantwortlicher Weise. Trotz übelster Prognosen schafften wir es dann doch noch bis 21
Uhr zum Kotten, wo wir auf Andi und Asti von den Scumbag Roads trafen, die heute und morgen
das DreamTeam verstärkten - den nagelneuen Scumbag-Roads-Bassisten Chris Reeky hatten wir
bereits an Bord, das hieß Konzertpremiere des neuen Lineups im
Punk-Rock'n'Roll-geschichtsträchtigen Solingen !
Erstmal gab's aber lange Gesichter: höchstens mal 20 Leute fanden sich am Ort des
Geschehens ein, womit Solingen seinen Titel "Rockcity" mehr als eindrucksvoll los ist. Und
dann zog auch noch Bandhitler Lutz seine Formation Curlywurly wegen mangelnder Leistung
nach dem 2.Song zurück. Das paßte ins klägliche Solinger Bild !
Davon unbeeindruckt legten die Scumbag Roads erstmal los und was soll ich sagen: mit einem
hochmotivierten Chris am Bass jagten sie durch ein arschtretendes Set, das durch Frische
und Spielfreude glänzte. Die Zukunft der Scumbag Roads hat gerade erst begonnen !!!
Die Reekys setzten ihren gewohnten Klassegig drauf, so daß letztlich alle zufrieden waren,
in der Kneipe erste Schnapsrunden geschmissen wurden und einem gemütlichen Ausklang des
Abends nichts mehr im Wege stand. Dieser fand dann in Form einer Social Distortion/Angry
Samoans-Videoperformance mit begleitendem Alkoholmißbrauch bei Öli statt - bis zum Abwinken.
16.06. Lingen - Alter Schlachthof
Torpedoartig aufgeschreckt wurde ich von Ölis Wecker - der arme Kerl mußte arbeiten ! Bis
er allerdings wirklich wach war wiederholte sich diese Prozedur ca. 4x, wobei sich mir
allerdings jedesmal ein grandioses Bild bot: im überschaubaren Raum verteilt lagen 8 Leute,
allein 4 auf Ölis 140x200cm-
Bett, darunter mit Jörg, Henning und mir durchaus raumgreifendere Persönlichkeiten
(Hennings homoerotische Übergriffe schenke ich mir jetzt mal).
Jörg geleitete uns zunächst zu seinem Lieblingsimbiß, danach zu einem von Marc besonders
geschätzten Gelsenkirchener-Barock-Gebrauchtmöbelmarkt, bis wir dann endlich ins Emsland
aufbrachen, mittlerweile mit 3 Autos.
Zum einen muß ich gestehen noch nie zuvor im Emsland gewesen zu sein, zum anderen fand ich
die Landschaft und auch das dortige Flair außerst angenehm - irgendwie holländisch, was bei
Eingeborenen allerdings auf wenig Zustimmung stieß.
Der "Alte" Schlachthof ist ein hochmodernes und durchaus mondän ausgestattetes
Jugendzentrum, das so gar nicht zum Fachwerkoutfit Lingens paßt. Bei EM, Chili con Carne
und Freibier satt ließ sich's gut aushalten, doch auch hier hielt sich irgendwie der
Besucherandrang in Grenzen. Letztlich war das Publikumsaufkommen - ca. 20 Leute -
erbärmlich, die Publikumsresonanz übertraf dagegen alle Erwartungen !
Kamen schon die erneut überzeugenden Scumbag Roads großartig an, so brachen beim
überschaubaren Auditorium (u.a. die Backwood Creatures und Anhang) beim Start der Reekys
sämtliche Dämme. Eine Bierspritz-, Pogo- und Mitgröhlorgie selten gesehenen Ausmaßes nahm
ihren Lauf. Party pur, da wirklich jeder im Raum die Sau rausließ. This is Rock'n'Roll !!!
Anschließend ging der Exzess aufs Derbste weiter, aus unterschiedlichen Gründen verzichte ich auf Detailschilderungen - und so graute mal wieder ein neuer Tag.
17.06. Der lange Weg nach Hause
Gegen 8 Uhr platzte Uwe in die mittlerweile nicht mehr ganz so frisch wirkende
Gesellschaft. Jener zog es seit Solingen wegen eines Erkältungsinfektes nämlich vor in Ruhe
im Bus zu übernachten und hatte darüberhinaus die Option zum EM-Kriegsspiel
Deutschland-England zuhause zu sein.
So blieb uns Helden also nix anderes übrig als schwer angeschlagen in den Bus bzw. die
Autos zu taumeln.
Aufsehen erregte dann nur noch der Kauf und Verzehr eines Punica-Multivitamindrinks (!)
durch mich - ein Fehltritt, den ich mir bis heute anhören muß!
Es folgten Tage der Entgiftung, des Tournachstresses (wir mußten das Diesel-Wasser-Gemisch
bei einer Spezialfirma für schlappe 140 DM entsorgen und den Tank dann
lebensmittelkompatibel reinigen)
und der Entspannung (Badesee, Fußball-EM mit Bier und lecker Essen) und dann sollte für
mich der Spaß auch schon wieder losgehen!(=>Reekys over Italy)