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Feiernd durch die kalten Tage (Teil 2)

27.11.2004, Thee Flying Dutchmen, The Stilettos - Prager Frühling
Es ist zum Haare raufen: da geben sich diverse Booker redlich Mühe qualitativ hochwertige Bands nach München zu holen, die man nicht alle Tage zu Gesicht bekommt, und das Publikum straft es mit Ignoranz. Während sich bei "großen" Acts wie z.B. den "Bones" die Leute in geräumigen Hallen drängen, bleiben geile Garagencombos nach dem Motto "Was der Bauer nicht kennt..." unbeachtet. Und dann noch rumjammern, dass nix los ist !

Wenigstens kommt das Häuflein Aufrechter bei solchen Sahnestückchen voll auf seine Kosten, so auch an diesem trüben Novembersamstag. Es war sicher ein perfider Plan des Veranstalters den fliegenden Holländern aus Seattle ausgerechnet einen Opener aus dem Land der Holzschuhe zur Seite zu stellen, konnten diese sich dann an T-Shirts wie "Kick me, Iīm Dutch" und anderen Spötteleien erfreuen. Musikalisch machten die Käsköppe ihre Sache jedoch ausgesprochen gut und hauten uns Krauts in der bassfreien Besetzung mit Gesang, Gitarre und Schlagzeug ein richtig knalliges Garagenpunkbrett vor die Birne.

Thee Flying Dutchmen standen dem in nichts nach und brillierten mit trashigem Garagenpunk auf 60īs-Basis, der von einer Organistin mächtig nach vorn getrieben wurde. Als Referenz fallen mir hierzu die Mummies ein und auch ohne aufwendige Verkleidung kam das Ganze auf höchst unterhaltsame Weise ziemlich Freakshow-mäßig daher. Feine Unterhaltung !

29.11.2004, The Briefs, Bad Buskers - Orangehouse
Unglaublich, aber wahr: nachdem die Briefs in den letzten beiden Jahren nahezu jeden Kuhstall Europas bespielt haben, erlebten sie erst heute ihre Premiere in München, um auch hier endlich den Virus zu verbreiten. Im Vorprogramm gaben die Bad Buskers aus der niederbayerischen Provinz Mitgröhl-Streetpunk zum Besten und machten - gerade auch angesichts ihrer Jugend - gar keine schlechte Figur. Was soll man zu den Briefs noch groß schreiben ? Der Auftritt war einmal mehr absolut phänomenal, ein 80-minütiges Nonstop-Singalong-Gewitter mit einer Hitdichte von 100 Prozent und der Energie von 2 Atomkraftwerken. In Sachen 77er-Punkrock sind die Briefs heutzutage das Maß aller Dinge und für mich eine der besten Livebands aller Zeiten. Da lasse ich auch nicht mit mir diskutieren. Punkt.

04.12.2004, A+P, Lustfinger, Junks, Condom - Feierwerk
Unter dem Motto "Punk in München - jetzt erst recht !" firmierte das Fossilientreffen von Bands aus den frühen 80ern, von denen sogar 2 speziell für dieses Konzert exhumiert wurden (Junks, A+P). Das Feierwerk war prall gefüllt, hauptsächlich mit jungem, Deutschpunkpublikum (Iro, Nieten, Glasscherben), das zum Teil den beschwerlichen Weg bis aus den neuen Bundesländern angetreten hatte, aber auch etliche Szeneveteranen bekam man nach längerer Zeit mal wieder zu Gesicht.

Die Junks eröffneten mit einem höchstens 20 Minuten langen Set und die 40-jährigen Herren kamen sich vermutlich etwas komisch dabei vor zu einfachsten Riffs im gemäßigten Tempo pubertäre Parolen wie "Wir wollen die Anarchie" ins Mikro zu blöken.

Bei den folgenden 2 Bands finde ich interessant, dass sie zur damaligen Zeit eher ein zwiespältiges Image hatten. Am Auftreten, der Musik und dem "Humor" von Lustfinger schieden sich schon seit jeher die Geister und A+P umwehte ein "Millionärssöhnchen aus Starnberg"-Gerücht, keine Ahnung, ob da jemals was dran war. Stört 2004 offensichtlich niemanden mehr. Warum auch, bei Punk&Disorderly und Konsorten werden ja auch irgendwelche bedeutungslosen englischen Gurkentruppen aus dieser Zeit abgekultet.

Lustfinger langweilten mit Tote-Hosen-für-Arme-Deutschrock, wobei ich ihnen doch für die Tatsache Respekt zollen muss, dass sie das seit über 20 Jahren unbeirrt durchziehen.

A+P hatten sich auf das Event gut vorbereitet und brachten ihre Songs nostalgisch, aber mit dem nötigen Schmackes rüber und das Volk feierte die Band ab der ersten Minute gnadenlos ab. Jetzt kamen auch die Pressefotographen und Kamerateams voll auf ihre Kosten, die mit ihren Ergebnissen bestimmt wieder einige Punkklischees medial erfüllen können. War aber ein wirklich gelungener Auftritt und beim Hit "Dachau" gabīs natürlich kein Halten mehr. Leider hatten die Herrschaften nicht alle Songs eingeprobt, so dass auf Perlen wie "Bomben auf Landsberg" verzichtet werden musste.

Da mir das Gedränge zu groß wurde, habe ich auf Condom verzichtet, was nach Erfahrungen eines früheren Auftritts vermutlich kein Kardinalfehler war. Wegen A+P hatte sich das Kommen gelohnt, war jedenfalls eine unterhaltsame Erfahrung.

06.12.2004, Pistol Grip, The Briggs - Orangehouse
Beide Bands zählen zweifellos zur Creme de la Creme des Streetpunk und das bedeutete zwangsläufig einmal mehr am ungeliebten Montagabend aus den Puschen zu kommen.

The Briggs enttäuschten nicht: schnell, rauh, rotzig, einschließlich eingängiger Mitgröhlrefrains und mit sichtlich Spaß am Werk - eine absolut runde Angelegenheit.

An Pistol Grip habe ich seit der ersten LP einen Narren gefressen, vor allem am genialen Sänger, der den Songs erst diesen unverwechselbaren Hymnencharakter verleiht. Als die Band die Bühne betrat erfolgte die Hiobsbotschaft, dass ebenjener Sänger krank ist, hatte wohl die Windpocken - Schock ! Das verbleibende Quartett zog sich mit vereinten Kräften am Mikro durchaus achtbar aus der Affäre. Die phantastischen Songs sind einfach unmöglich kaputt zu kriegen und blasen auch in Notformation das Meiste aus diesem Genre mühelos an die Wand. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass Pistol Grip ohne Sänger ihrer Seele beraubt sind.

09.12.2004, The Spits, Dead Rats - Prager Frühling
Hätte ich mir nie träumen lassen die Spits mal in Deutschland live erleben zu dürfen, da sie für eine Europa-Tour eigentlich viel zu schräg rüberkommen und zu heftigen Do-it-yourself-Underground verkörpern, aber manchmal irrt man sich auch gern.

Die Rosenheim-München-Connection Dead Rats eröffnete mit dreckig-knalligem Sound Richtung Infections/Zodiac Killers, nicht von schlechten Eltern !

Die Spits überzeugten danach auf ganzer Linie: auf einen groovigen Orgelrhythmus setzte die Band grandiosen Punkrock mit meist zweistimmig vorgetragenen, großartigen Melodien. Weit weg vom Mainstream und in jeder Sekunde ganz großes Trashkino mit Liebe fürs Detail. Holt mehr solche Bands über den Ozean statt jährlich immer das gleiche Programm !

13.12.2004, The Restarts, Hard Skin - Sunny Red
Am 3. Montag in Folge hieß es hinaus in die kalte Nacht, aber was tut man nicht alles für gut abgehangenen England-Punk. Das Sunny Red ist der kleine, sympathisch abgefuckte Kellerclub auf dem Feierwerk-Gelände, somit für eine Veranstaltung dieser Art das ideale Ambiente und bei 5 Euro Eintritt und deren 2 fürs Bier war der Abend praktisch schon gerettet.

Hard Skin sind eine gelungene Persiflage auf sämtliche Skinhead-Klischees und fabrizieren in dieser Funktion wirklich authentischen Früh-80er-Working-Class-Oi! der Cockney-Rejects-Schule, garniert mit dementsprechend simplen Texten und schön beklopptem Gelaber zwischen den Songs.

The Restarts beackern nicht nur optisch das Feld des klassischen 80er-Britpunks a la Broken Bones, Abrasive Wheels und Konsorten. Zwischendurch macht dieses Old-School-Geballer einfach Spaß. Ein nostalgischer Abend.

Jetzt ist bis nach Weihnachten erst mal Ruhe im Karton. Ein feuchtfröhliches Fest wünscht...


Cheesy