11.03.2004 Colera, Harum Scarum - München, Kafe Kult
Ich hatte Colera auf deren Tour in den Achtziger Jahren bereits gesehen. In Zeiten, in denen noch nicht jede drittklassige US-Band, die zuhause keine Sau kennt, zweimal jährlich durch Deutschland tourte, war der Auftritt der Brasilianer der Gipfel der Exotik.
Heutzutage sieht man ja des öfteren südamerikanische Kapellen auf dem Konzertplan. Leider handelt es sich dabei meistens um irgendwelche, in ihrer Heimat meist schon kommerziell erfolgreichen, Latin-Ska-Rumba-Jazz-was-weiß-ich-denn-Fusion-Formationen für den Hippie von Welt oder überflüssige Clash-Epigonen, die primär wegen ihrer Herkunft und nicht wegen musikalischer Brillanz abgefeiert werden.
Auf alte Zeiten kramte ich also meinen "Grito-Suburbano"-Sampler heraus, der damals auf Pogar erschienen war, und die rudimentären Songs von Olho Seco, den Inocentes und eben Colera versprühen auch heute noch ihren Charme.
So war es keine Frage, dass ich mich ins Kafe Kult, der Speerspitze der antikommerziellen Münchner Undergroundkultur aufmachte, um einen nostalgischen Flashback zu erleben.
6 Euro Eintritt grenzen für Münchner Verhältnisse fast schon an freien Eintritt und der kleine Konzertraum des Kafe Kult war mit ca. 70 Leuten gut gefüllt.
Bei Colera hatte sich zum Glück nichts verändert: einfacher, aber wirkungsvoller In-die-Fresse-Punkrock, der mehrstimmige Mitgröhlrefrains nicht außer Acht lässt und mit unglaublicher Energie rüberkommt und manchmal wundere ich mich schon, was so kleine Anlagen alles hergeben. Die 3 sympathischen Brasilianer waren begeistert, dass das Publikum so gut mitging, und spielten sich derart aufgeputscht in einen regelrechten Rausch, so dass eine Stunde wie nichts verging und keine Zeit mehr für Zugaben blieb. Durch eine Ansage stellte sich heraus, dass dies tatsächlich erst die 2. Europatour nach 1987 war und ich dürfte der Einzige im Raum gewesen sein, der die Band auf beiden Touren gesehen hat. Jederzeit wieder - spätestens in 17 Jahren !
Im Anschluss Harum Scarum aus Portland, ein Schlagzeuger und 3 Frauen an Gitarre, Bass und "Gesang". Hierbei handelte es sich allerdings nicht um süße RockīnīRoll-Girls, sondern um eher herbe Kampfamazonen, die auch ordentlich die Sau rausließen. Ziemlich heftiger Knüppelpunk, ohne jedoch ins Chaos abzudriften und die Frontfrau verfügt über ein wahrlich furchterregendes Organ. Die machten durchaus was her, aber auf die Dauer wurde mir das Geschrei dann doch zu anstrengend.
War jedenfalls ein lohnenswerter Ausflug und vor allem Colera mit ihrer herzerfrischenden Spielfreude kann ich bedenkenlos weiter empfehlen.
Cheesy