29.04.2004 The Bronx, 400 Blows - München, Backstage-Club
Ich kannte beide Bands vorher nicht, wurde aber durch eine Besprechung des Bronx-Debütalbums im Green-Hell-Katalog derart neugierig, dass ich mich an diesem herrlichen Frühlingsabend ins nahegelegene Backstage aufmachte. Suspekt war mir allerdings, warum der Gig von einer großen, sehr kommerziell ausgerichteten Agentur veranstaltet wurde, was sich auch gleich in satten 13 Euro Eintritt für 2 Newcomerbands manifestierte. Sollte hier heute das "neue, große Ding" aufspielen und würden mich trendige Kids Jahre später um meine Anwesenheit bei einem frühen Clubgig beneiden ? Sehr merkwürdig das Ganze und auf Veranlassung des Veranstalters musste das Bier unüblicherweise auch noch in Plastikbechern ausgeschenkt werden, das hat der Augustiner-Edelstoff nicht verdient ! Die extra für ca. 60 Zuschauer engagierten Sanitäter brauchten daher auch nicht wegen alkoholbedingter Zusammenbrüche eingreifen.
Als Erstes betraten 400 Blows aus Los Angeles die Bühne, von denen ich noch nie etwas gehört hatte. Das Trio war einheitlich in eine Art schwarze Uniform gekleidet (was in München etwas an die ungeliebten Schwarzen Sheriffs des ZSD erinnerte, die damals eine legendäre Deutschpunkband entscheidend inspirierten), um mit ihrem Outfit dem amerikanischen Corporate-Identity-Gedanken Rechnung zu tragen. Bei einem derart gestylten Auftreten wird´s dann halt peinlich, wenn der Schlagzeuger nach dem dritten Song schon mit nacktem Oberkörper dasitzt. Da muss man durchhalten, selbst wenn man nach dem Auftritt kollabiert, du Weichei !
Nur mit Schlagzeug, Gitarre und Gesang wurde ein ziemlich kranker, intensiver Sound geboten, irgendwo zwischen Hardcore und No-Wave-Jazz oder was weiß ich denn. Erinnerte an etwas experimentellere Hardcorebands der Achtziger. 2, 3 Songs lang fand ich das wirklich interessant, dann ging´s aber mangels musikalischem Einfallsreichtums gewaltig auf den Wecker. Der Sänger nervte zunächst mit ziemlich aufgeblasenem Getue nach dem Motto "der große Rockstar aus L.A. pisst das ignorante Publikum an", was seiner Beliebtheit nicht gerade zuträglich war, so dass er bald auf die Schleimspur wechselte. Nach 25 Minuten war zum Glück Schicht und diese Würstchen dürften sich mit dem großen Durchbruch schwer tun.
The Bronx scheinen wohl irgendwie gehypt zu werden (ich lese ja so Kram wie das Visions nicht), zumindest ließ das recht junge Publikum darauf schließen und ich befürchtete zunächst auf ein Promo-Review reingefallen zu sein, wurde dann aber doch positiv überrascht, wenn auch nicht völlig aus den Latschen gehauen. Ich würde das Ganze als schnellen, unglaublich energiegeladenen Hardcore-Punk bezeichnen, der seine Wurzeln aber deutlich spürbar im Punkrock kalifornischer Machart ohne jegliche Tralala-Attitüde hat. Der Sänger hatte schon ordentlich einen im Tee, was dem Auftritt und der Stimmung durchaus förderlich war, da er teilweise im Publikum mitmischte und dort für ordentlich Action sorgte, um im nächsten Moment mit einer Rolle rückwärts wieder auf die Bühne zu purzeln. Der Gesang artete aufgrund der Rasanz des Sounds oft in Geschrei aus, konnte aber auch anders, was am Nachdrücklichsten bei der sehr ruhigen, stark ans Original angelehnten, Neil-Young-Coverversion deutlich wurde.
Summa summarum ein 40-minütiger Hochspannungsauftritt von 4 jungen, bodenständigen Typen (übrigens auch aus L.A. und nicht aus dem namensstiftenden New Yorker Stadtteil), der aber nichts Revolutionäres, noch nie Dagewesenes geboten hat. Angesichts der bemüht professionellen Begleitumstände bin ich mir nicht ganz im Klaren, wo deren Weg hingehen soll. Sollen die mal wieder als das ehrliche, harte Rockding herhalten ? Ich lass´ mich mal überraschen.
Cheesy